STRP: Ein Hoch auf die Zukunft
STRP ist eines der bekanntesten Festivals in Eindhoven. Manche sagen, es sei eine DNA-Veranstaltung, was bedeutet, dass es die typische Eindhovener Mischung aus Technik und Kreativität bietet. Aber STRP will kein traditionelles Kunst- und Technikfestival mehr sein. Und auch nicht das größte. Gemeinsam mit den Besuchern will es die Zukunft erkunden. Ein Blick hinter die Kulissen.
Wir befinden uns nicht mehr im Wettlauf um hohe Besucherzahlen", sagt Ton van Gool ein paar Wochen vor Beginn des Festivals. Er ist seit letztem Jahr Direktor und sitzt an diesem Morgen mit einer Tasse Kaffee in einem Konferenzraum im Büro von Strijp-S. Um ihn herum wuseln Produzenten, Kommunikationsmitarbeiter und Praktikanten vorbei. In aller Ruhe erklärt er, wohin er mit STRP gehen möchte.
Zunächst einmal die Form: Die Zeiten verlangen eine permanente Sichtbarkeit der Festivals. Deshalb gibt STRP das Zweijahresmodell auf, bei dem alle zwei Jahre ein großes Spektakel veranstaltet wurde, um dann wieder aus dem Blickfeld zu verschwinden. Es wird nun eine jährliche Hauptveranstaltung geben, neben mehreren kleineren Workshops, Sitzungen und Debatten im Laufe des Jahres.
Und dann sind da noch die Inhalte. Überall auf der Welt entstehen Festivals als Antwort auf die Fragen, die das technische Zeitalter aufwirft. Das zwang STRP dazu, über seine eigene Rolle in diesem Zusammenhang nachzudenken. Viele Festivals bleiben in der Dystopie stecken", stellt Van Gool fest. Sie kritisieren die Tech-Giganten und machen sich Sorgen darüber, wohin das alles führen wird. Anti-dies und Anti-das. Da ist keine Energie drin.' Und das ist so ziemlich das Letzte, was Sie als Festival wollen.
Themen wie künstliche Intelligenz, Datenschutz und Bitcoins: Sie sind alle gleichermaßen relevant, aber das STRP-Team beschließt, noch weiter auszuholen. Manche werden sagen, dass wir ein bisschen abstrakter oder philosophischer geworden sind. Unsere Ausgangsfrage lautet: Wie können wir offen in die Zukunft blicken? Die Menschen scheinen im Moment in Bildern der Angst gefangen zu sein. Und ziehen sich in die Vergangenheit zurück. Selbst unsere Science Fiction ist retro. Was hindert uns daran, wieder in die Zukunft zu blicken? Ohne Angst, aber auch ohne die Naivität, dass die Technologie alle unsere Probleme lösen wird.
Um dieser Frage nachzugehen, hat sich STRP einen Zeitraum von zwei Jahren gegeben. Das Festival 2019 ist der Startschuss dafür.
Chef-Geschichtensammler
'Wir müssen über die Zukunft sprechen', tönt es vier Wochen später im Klokgebouw. Es ist der Eröffnungsabend von STRP. Zu den Beats des DJs hüpfen die Worte durch den Raum. Die Zukunft: kein einfaches Gesprächsthema. Die Zukunft ist ungewiss, deshalb ist für viele Menschen eine Flucht in die Vergangenheit angenehmer. Dort, in den Höhlen Ihrer nostalgischen Vergangenheit, sind die Dinge nicht unbedingt besser, aber Sie wissen zumindest, woran Sie sind. Und das gefällt uns. Die 'Zukunftsphobie', die Angst vor der Zukunft, ist in den USA sogar eine offizielle Krankheit.
STRP, so der Gastgeber des Abends, ist daher eine Einladung, über diese Zukunft zu sprechen. Um verschiedene Szenarien zu erkunden und sich eine Meinung über die kommenden Möglichkeiten zu bilden.
'Man geht hier nicht mit Antworten weg', sagt Robin Berkelmans etwas später fröhlich. 'Nur mit mehr Fragen'. Robin wurde von Ton als 'typische STRP-Besucherin' beschrieben. Sie wurde diese Woche auch zur Chef-Geschichtensammlerin ernannt. Sie hat früher Design und Kommunikation studiert und wird die nächsten Tage damit verbringen, Geschichten aus dem Publikum zu sammeln. Was das Ergebnis sein wird? Keine Ahnung. Auch das sagt sie fröhlich. Für Robin ist Ungewissheit grundsätzlich eine positive Sache. In ihr ist noch alles möglich.
Heimweh nach der Zukunft
Bei Gesprächen über die Zukunft geht es vor allem um Fantasie. Beim Mittagessen am sechsten Tag des Festivals trafen wir Tom Loois, der Podcasts über spekulative Belletristik macht. Er hat festgestellt, dass es einen Bedarf an neuen Geschichten über die Zukunft gibt. Er selbst kommt gerade von einem Workshop über neue Szenarien für Science Fiction.
Ein paar Tische weiter hat Robin zusammen mit Gisèle Mambre und Aaltsje Hoekstra von STRP ein kleines Büro mit Laptops und vielen Post-its an einer Pinnwand mit Zitaten von Besuchern eingerichtet. Bitte beachten Sie: Dieses Zitat ist nur eine niedrig aufgelöste Kopie eines interessanteren Gesprächs, zum Beispiel. Es fasst in einem Satz die Herausforderung ihrer Arbeit in dieser Woche zusammen. Etwas in Worte zu fassen, das schwer zu begreifen ist. Wie beschreibt man ein VR-Erlebnis, wie formuliert man die außergewöhnliche Lasershow am Eingang, was kann man über Motus Mori sagen, die intensive Performance von Katja Heitmann, in der fünf fast nackte Tänzer Bewegungen analysieren und für die Zukunft festhalten? In diesem STRP geht es viel um Technik und um diese Zukunft, aber der Ton ist sanft. Poetisch ist ein Wort, das in diesen Tagen oft auftaucht.
Auf der Pinnwand landen wir in einem spannenden Gespräch über Nostalgie und darüber, ob sie sich unbedingt auf die Vergangenheit beziehen muss. Können Sie auch für die Zukunft nostalgisch sein?
Gänsehaut
Vor der Tür des Klokgebouw begann eine Gruppe von Besuchern die Augmented Reality Tour mit Jessica Hoffmann und Paul Clarke, zwei 'Archäologen der Zukunft'. Das Duo ist Teil des britischen Kollektivs Uninvited Guests und führt die Gruppe sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft von Strijp-S. Es beginnt mit einer faszinierenden Skizze der verbotenen Stadt, der Zeit, als Tausende von Menschen hier in den Philips-Fabriken arbeiteten und im Natlab geheime Innovationen gebaut wurden.
Für die Zukunft von Strijp-S haben sie zwei mögliche Szenarien in Augmented Reality ausgearbeitet, eines im Jahr 2030 und das andere im Jahr 2090. Die eine Version malt ein rosiges Bild der Zukunft, die andere ganz und gar nicht.
Aber das Ziel dieser Expedition ist vor allem, dass sich die 11 Teilnehmer ihr eigenes Bild von ihrem Strijp-S machen. Wie stellen Sie sich diese Gegend vor? Was würden Sie sich wünschen? Das ist für die Gruppe etwas gewöhnungsbedürftig, aber als sich herausstellt, dass die Vorschläge sofort in Augmented-Reality-Bilder auf den Telefonbildschirmen umgesetzt werden, kommen die Ideen schnell. 'Mehr Bäume!', ruft jemand, als wir auf dem nun ziemlich kahlen Platz stehen. Mehr Sport (Drohnenfußball, um genau zu sein) und ein Markt mit lokalen Produkten. Aber auch eine Rutsche vom Dach des Klokgebouw. Wir starren auf unsere Bildschirme auf dem Platz und mittlerweile können wir ihn buchstäblich vor uns sehen.
Es ist etwas Besonderes, die eigene Stadt auf diese Weise zu betrachten. Sich zu fragen, wie die Dinge anders gemacht werden können. Und auch zu sehen, wie Ihre Idee sofort umgesetzt wird. Danach geben wir unsere Handys ab. Ein großer Junge aus der Gruppe schnappt sich plötzlich die beiden kleinen Briten. 'Vielen Dank für diese Erfahrung', sagt er mit russischem Akzent. Er zeigt seinen Unterarm. Ich habe überall Gänsehaut bekommen.
Wie können Sie Ihre Meinung ändern?
5600 Kinder haben das STRP Festival in diesem Jahr mit ihrer Schule oder ihrem College besucht. Bei diesem STRP würde es nicht um Besucherzahlen gehen, aber Ton erwähnt die Zahl trotzdem ein paar Mal, als wir ihn am Tag nach dem Festival wieder treffen. Offensichtlich ist der Bildungsbereich für ihn ein wichtiger Teil des STRP.
Aber mehr noch als über die Zahlen freut er sich darüber, dass das Festival einem Bedürfnis entsprach. In der Klasse entstehen regelmäßig Diskussionen über die Erwartungen der Kinder an die Welt, sagten mir die Lehrer. Diese sind oft nicht sehr positiv.
STRP ist ein Versuch, auf eine andere Art und Weise über diese Welt zu sprechen. Das Üben der Meinungsbildung ist hier wichtig. Wie sehen Sie eine Entwicklung? Was will ein Künstler damit sagen? Und was denken Sie darüber? Wie äußern Sie Ihre Meinung, wenn alle anderen eine andere Meinung haben? Und können Sie Ihre Meinung auch ändern?
Ein Blick in die Zukunft
Im nächsten Jahr wird der STRP kompakter sein. Weniger Tage, aber gleichzeitig werden einige Werke länger laufen. Vielleicht auch Ausstellungen vor Ort im Stadtzentrum? Das wird in den kommenden Monaten untersucht, aber klar ist, dass der STRP in Zukunft auch seine physische Sichtbarkeit erhöhen möchte.
Am nächsten Morgen eine App von Robin: 'Schon gelandet von all dem philosophischen Schwebegerede während STRP?' Anscheinend schon, denn das Team der Geschichtensammler hat jetzt eine Fülle von Geschichten online gestellt. Das ist der neue Stil von STRP: der Startschuss für ein gutes Gespräch über die Zukunft.
